Immer genug – über Gewichtsverlust und Laufen

Dieser Blogpost ist das Transkript bzw. die Zusammenfassung einer Podcast-Folge. Möchtest du lieber den Original-Podcast hören? Dann drück einfach auf Play oder lad dir die Folge für später herunter.

Ernährung ist auch für Läufer*innen manchmal kein einfaches Thema. Es ist emotional, es ist anspruchsvoll, es ist nicht schwarz/weiss. Anlass für diesen Blogpost und die dazugehörige Podcastfolge war eine Werbeanzeige in einem bekannten Läufermagazin. In diesem Magazin erschien eine als Artikel getarnte Werbeanzeige für einen Fitnessshake. Unter dem «Eat like a runner. Lose weight to increase your speed and endurance», zu deutsch also « Ernähr dich wie ein Läufer. Verlier Gewicht, um schneller und ausdauernder zu werden» wurde für den Shake geworben.

In meiner «Trailrunnerbubble» ging es ziemlich hoch her rund um diesen Artikel und auch ich möchte meine Meinung zu dieser Aussage mit euch teilen, denn ich finde den Titel der Anzeige sehr schwierig. 

Ernährung ist ein extrem persönliches Thema und auch emotional sehr aufgeladen. Eine allgemeingültige Regel aufzustellen, an die sich jede*r halten kann und die dann sicher einwandfrei für jede*n funktioniert, das finde ich eher gefährlich, denn wenn ich schon mein eigenes Leben anschaue, dann sehe ich jeden Tag, wie individuell unsere Körper und Bedürfnisse sind. Ein Beispiel aus dem echten Leben erklärt das vielleicht ganz gut.

Ich lebe mit meinem Partner Felix zusammen. Er ist gute 25cm grösser als ich und vermutlich auch ca. 25kg schwerer (+/-, wir besitzen keine Waage!). Dennoch essen wir meistens dieselben Mengen und zwar bei fast jeder Mahlzeit. Ich verbrenne die Energie in der Regel sehr schnell, dementsprechend brauche ich eine grosse Menge Nahrung, um meinen Körper in Gang zu halten. Meine Körpergrösse oder die Zahl auf der Waage sagen aber eben nicht unbedingt etwas über die benötigte Menge an Energie aus! Die Zahl auf der Waage sagt auch nichts darüber aus, ob du ein*e gute*r oder «schlechte*r», ein*e schnelle*r oder langsame*r Läufer*in bist. 

Es ist korrekt, möglicherweise wirst du schneller laufen, wenn du weniger Gewicht bewegst aber es sollte immer dein Ziel sein, gesund und mit Spass zu laufen und dabei leistungsfähig zu sein. Gewichtsverlust kann dem auch entgegen wirken.

Nehmen wir an wir hätten zwei Läufer*innen mit derselben Grundfitness und technischen Fähigkeiten. Dann wäre theoretisch der oder diejenige mit 5kg weniger Gewicht in der Lage schneller zu laufen, einfach weil er oder sie weniger Gewicht bewegen muss.

Wir sind nicht alle gleich. Jeder Mensch anders ist. Jedes Individuum hat eine einzigartige Körperkonstitutionen und individuelle Stoffwechselraten. Egal wie viel du läufst, es wird immer andere Läufer*innen geben, die schwerer oder leichter sind als du. 

Du wirst nicht auf jeden Fall schneller, wenn du einfach leichter wirst.  

Gewichtsverlust kann zum Beispiel auch den Verlust von Muskelmasse bedeuten und das ist für uns Läufer*innen überhaupt nicht ideal, gerade wenn wir auch in den Bergen bzw. auf Trails laufen oder längere Distanzen machen, dann brauchen wir starke und gut genährte Muskeln.

Ganz schnell kann der Wunsch nach Gewichtsverlust auch geistig und körperlich ungesund werden. Wir Hobbyathlet*innen sollten uns nicht mit Eliteläufer*innen an der Spitze des Feldes vergleichen. Irgendwo gibt es eine Grenze zwischen dem Wunsch nach der optimalen Ernährung für die Leistungsfähigkeit und ungesundem Essverhalten oder Körperbildproblemen.

 Du musst deinem Körper genau das geben, was er braucht. Das ist oft gar nicht so einfach und für viele von uns ist das sicherlich ein langer Lernprozess. Damit bist du nicht alleine!

Es gibt einfach nicht einen Standard, der für alle gültig ist. Trotzdem finde ich, gibt es eine Regel, die wir alle erfüllen können, weil wir das grosse Glück haben ein Leben zu leben, in dem Nahrung immer verfügbar ist. Geh niemals hungrig ins Bett!

Um Leistung zu erbringen, musst du essen und zwar auch nach 7 Uhr am Abend. Und auch Kohlenhydrate. Und Fette. Und manchmal auch Süssigkeiten. Wirklich wahr!

Zu genau dieser Thematik habe ich auf dem Kanal @flynutrition3 von Kylee van Horn, die zum Team rund um meinen Personal Coach gehört einen super Beitrag gesehen. Sie zeigt oft, wie die gängige Ess- und Diätkultur, die aufs Abnehmen gerichtet ist, Lebensmittel betrachtet und wie Läufer*innen die Lebensmittel betrachten sollten. Ein Beispiel: Cookies. Man hört oft, die sind ungesund, haben zu viel verarbeiteten Zucker usw. Aber als Läufer*in kann man eigentlich auch viel positives aus Cookies ziehen (ja, nicht aus Light-Cookies ohne Fett und ohne Zucker, sondern aus denen aus dem Süsswarenregal im Supermarkt.) Die haben zwar viel Zucker, aber der lässt sich in deinem Körper gut und schnell verarbeiten und Cookies kannst du auch ganz passabel mitnehmen. Auf einem Longrun zum Beispiel, ist schnell verfügbarer Zucker manchmal ein echter Gamechanger! 

Ich kenne das von mir selber, ich habe eine Weile eine Low-Carb-Ernährung gemacht und ich war damals auch defintiv schlanker, als ich es jetzt bin, aber ich war definitiv nicht leistungsfähiger. Ich war oft müde und erschöpft und ich bin echt froh, dass ich damit aufgehört habe, meine Kohlenhydrat-Zufuhr so radikal zu reduzieren.

Grundsätzlich finde ich, dass der grossartige David Roche es sehr schön zusammenfasst. Er sagt nämlich: Iss immer genug. Iss manchmal zu viel. Iss niemals zu wenig.

Wir müssen uns also lösen, von der Idee, dass leichter immer gleich schneller bedeutet.

Laufen ist eine echter Power Sport. Ein Sport, der deinem Körper viel abverlangt und das über einen langen Zeitraum hinweg. Langfristig ist ein kraftvoller, ein starker und wohlgenährter Körper immer schneller, auch wenn auf kurze Sicht der schlankere/dünnere Körper schneller erscheint ist er doch – je nach Individuum natürlich – nicht langfristig der leistungsfähigere Körper.

Nahrung ist der Treibstoff für deinen Körper. Aber Nahrung ist noch viel mehr. Es ist Familie, es ist sozialer Interaktionsritus, es ist Spass, Kultur und Hobby . Und daraus resultierend kannst du dir sagen: «Ich esse genug, ich bin stark, ich bin gut gelaunt, ich bin leistungsfähig. Und dann werde ich zu einem*r starken Läufer*in.» Und dann hat deine Ernährung am Ende eben auch wieder Einfluss auf deine Geschwindigkeit.