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Rituale – Warum sie für viele Athleten so wichtig sind

Dieser Blogpost ist das Transkript bzw. die Zusammenfassung einer Podcast-Folge. Möchtest du lieber den Original-Podcast hören? Dann drück einfach auf Play oder lad dir die Folge für später herunter.

Rituale können ein wichtiger Teil deiner läuferischen Entwicklung sein. Warum das so ist und welche Rituale ich in meinen Trainingsalltag einbinde, erfährst du in diesem Blogpost.

Rituale finden grundsätzlich immer in deinem Leben statt, bewusst oder unbewusst. Dein erster Gang zur Kaffeemaschine am Morgen im Büro ist genauso ein Ritual, wie eine allabendliche Meditation oder das Telefonat mit deiner Familie jeden Sonntagmorgen. Im Rahmen von Training und Wettkampfvorbereitung sind Rituale deshalb wertvoll, weil sie dir Struktur in deine Abläufe bringen. Sie helfen dir, dich innerlich auf das Geschehen einzustellen. Dadurch schenken Rituale dir Sicherheit.

Dein Ziel visualisieren

Viele meiner eigenen Rituale zielen auf die optimale Wettkampfvorbereitung ab. Dazu gehört es auch, meine Ziele, in diesem Fall das Laufen einer gewissen Strecke innerhalb einer bestimmten Zeit, zu visualisieren. Das bedeutet, ich hänge mir so bald wie möglich nach der Anmeldung den Streckenplan und das Höhenprofil des Wettkampfs auf – und zwar an einem Ort, an dem ich die Bilder ständig vor Augen habe, zum Beispiel am Schrank im Wohnzimmer.
Dadurch, dass ich Strecke und Höhenprofil ständig vor Augen habe, hilft es mir dabei, mein Ziel zu visualisieren, denn beim Visualisieren geht es darum, etwas, was noch nicht existent ist, möglichst real zu machen. Das passiert, indem du dir vor deinem geistigen Auge immer wieder vorstellst, das Ziel bereits jetzt erreicht zu haben.

Rituale im alltäglichen Training

Auch im alltäglichen Training, habe ich einige kleine Rituale eingebaut. neben einem Warm-up ist es mir ganz wichtig, vor jedem Lauf  erst ein paar Schritte bewusst zu gehen und erst dann loszulaufen. Ausserdem bedanke ich mich nach jedem Lauf bei meinen Hunden. Das ist eine wunderbare Tradition, die ich mir im Schlittenhundesport abgeschaut habe. Es hilft mir nicht nur dabei, meine Hunde zu motivieren, sondern auch dabei, mir selber bewusst zu machen, dass jeder Lauf wichtig und wertvoll ist. Das hilft, auch einen Lauf, der vielleicht nicht ganz so gut gelaufen ist in ein positiveres Licht zu drücken. (Falls du dich auch fürs Laufen mit Hund interessierst, empfehle ich dir diesen Blogpost, sowie diese Playlist mit allen Podcastfolgen rund ums Laufen mit Hund.)

Falls du auch ein regelmässiges Warm-up in dein Training einbauen möchtest, kannst du es mit diesem kurzen Trainingsvideo probieren:

Tapering als Ritual

 In der Wettkampfwoche, bzw. in den Wochen davor, versuche ich natürlich, mich körperlich und psychisch mit Tapering vorzubereiten. Gleichzeitig gibt es bestimmte Abläufe, dich immer wieder durchspiele . Dabei ist es für mich persönlich vor allem wichtig, potentielle Stressfaktoren zu minimieren. Dazu gehört zum Beispiel das Ausdrucken und mehrfache Lesen der Startkarte. Ich kümmere mich ausserdem im Vorfeld um Anreise und ggf. die Übernachtung. Das ist mir wichtig, weil ich ein Mensch bin, der klare Abläufe mag. Wenn etwas nicht ganz wie geplant läuft, dann gerate ich manchmal in grossen Stress und um das zu vermeiden, plane ich so viel wie möglich vorab.

Wann immer möglich, hole ich meine Startnummer am Tag vorher ab. Dann habe ich am Renntag einen Stressfaktor weniger. Auch das Packen und Durchgehen von meinem Rucksack muss am Tag vorher passieren und ich muss für mich ganz klar wissen, wie ich am Morgen zum Start komme. Wenn das alles geklärt ist, kann ich dem Wettkampf entspannt entgegen sehen.

Ritual oder Routine?

Viele Läufer*innen haben ganz unterschiedliche Rituale, wie zum Beispiel erst den linken Socken und den linken Schuh anzuziehen und dann erst den rechten oder am Vorabend des Rennens immer dasselbe zu essen. Das halte ich grundsätzlich für eine gute Idee. tatsächlich ist das aber eher eine Routine, anstatt eines Rituals.

Routinen sind feste Abläufe, die tatsächlich eine körperliche Wirkung auf dich haben können. Für uns Läufer*innen sind die Klassiker das Dehnen, das Warmlaufen oder das Warm-up vor dem Wettkampf und eben auch die Ernährung , nicht nur am Wettkampftag. Rituale hingegen, haben nicht unbedingt eine direkte körperliche Wirkung.

Um es ganz kurz und einfach auszudrücken: Rituale beherrschen (oftmals) den Athleten oder die Athletin, während Routinen (immer) von ihm oder ihr beherrscht werden. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass Rituale etwas schlechtes sind. Du solltest dir aber des Unterschieds zwischen Ritual und Routine im Klaren sein und deine Abläufe als das bewerten, was sie sind.

Das Prinzip des Glücksbringers

Rituale sind, nicht nur im Sport, ein Bestandteil eines tiefen Glaubens. Wer an Rituale glaubt, glaubt  an die Kraft und Macht des Unbewussten. Ob du deine Ziele visualisierst, oder zuerst den linken Schuh anziehst ist im Prinzip nichts anderes, als einen Glücksbringer dabei zu haben. Denn auch mit einem Glücksbringer glaubst du daran, dass deine Gedanken einen positiven Einfluss auf dein Handeln haben können.

Zum Thema der Glücksbringer wurde tatsächlich schon viel geforscht. Ein typisches Beispiel: Nimmt man Prüflingen kurz vor einer Prüfung ihren Glücksbringer ab, schneiden sie im vergleich mit denen, die den Glücksbringer behalten durften deutlich schlechter ab. Und genau da liegt die Gefahr im Glücksbringertum: einen Glücksbringer kannst du verlieren oder vergessen und vielleicht führt das dazu, dass du glaubst, etwas nicht schaffen zu können. (Es gibt übrigens auch umgekehrt so etwas wie den Glauben an Pechbringer, zum Beispiel die Startnummer 13!)

Die positive Wirkung von Ritualen

Rituale haben demnach oft eine Verbindung zu einem (Aber-)Glauben. Sie sind geprägt von klaren Verhaltensmustern, die fest in den Abläufen der Athlet*innen verankert sind. Dabei können sie unter gewissen Umständen wirklich stressreduzierend wirken. Sie geben in jedem fall Sicherheit und können tatsächlich auf eine positive Wirkung auf die persönliche Leistung haben. 

Gleichzeitig ist dies auch das grösste Problem mit Ritualen: Falls die persönlichen Rituale aus bestimmten Gründen. nicht wie gewohnt ausgeführt werden können, kann sich das wiederum negativ auf die Leistung auswirken.

 

Rituale können als wertvoll sein und Sicherheit vermitteln, solange du dir darüber im Klaren bist, dass deine echte persönliche Leistung nicht zwangsläufig von einem Verhaltensmuster oder einem Gegenstand abhängig ist.

Trailtipp «Via Valeriana»

Die Via Valeriana am Iseosee in Italien ist  ein alter Saumpfad von ca. 20km Länge, der von Pilzone nach Pisogne oder eben umgekehrt führt. Der Weg besteht teils aus Wanderwegen, häufig aber auch aus alten Kopfsteinpflastern. Es ist definitiv eine tolle Route für den Sommerurlaub.

Vorteil: Du musst nicht die ganze Strecke laufen, sondern kannst immer wieder in kleinen Orten ein oder aussteigen. Die Via Valeriana ist überall gut beschildert ist, sodass du nicht ständig auf die Karte schauen musst. Ganz wichtig: nimm dir genug zu trinken mit auf diesen Lauf!

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