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Schnell laufen ist einfach – langsam laufen ist schwer! Das ist wahr, denn bewusst langsam zu laufen, ist mental viel herausfordernder, als über einen gewissen Zeitraum alles zu geben. Warum das so ist, klären wir heute.
Die Athlet*innen, die sich bei mir im Coaching befinden, lesen häufig in ihren Trainingstagebüchern, dass sie langsam, locker, «easy» laufen sollen. Natürlich gibts auch härtere Phasen in jedem Trainingsprogramm, aber diese anstrengenden Phasen basieren immer auf einem Grundlagentraining, das auf langsame Läufe aufbaut. Langfristig führt genau das zum Erfolg!
Warum langsam laufen?
Eine These vorab: wenn du schneller/stärker/fitter laufen willst, dann musst du lernen, langsam und entspannt zu laufen.
Auch für mich als Athletin, war es ein langer Weg, zu erkennen, dass ich nicht immer schnell laufen muss. Vermutlich könnte ich viele meiner Trainings schneller laufen, die Frage ist nur: zu welchem Preis?
Selbstverständlich ist es so, dass jede*r, der/die die Laufschuhe schnürt und möglicherweise eine bereits bekannte Strecke läuft, es verlockend findet, richtig Gas zu geben. Das macht Spass und ein eigener neuer Streckenrekord ist ein tolles Gefühl!
ABER: wenn du den Grossteil deiner Kilometer (bei den meisten Läufern sind das 80-85%) nicht sehr, sehr locker und entspannt läufst, dann untergräbst du eigentlich dein Potenzial langfristig schneller zu werden.
Einer der wichtigsten Gründe, warum es Sinn macht, langsam und entspannt zu laufen, ist deine aerobe Entwicklung.
Aerob vs. anaerob
Deine Muskeln können Energie auf zwei Weisen gewinnen: aerob, also mit Sauerstoff und anaerob, also ohne Sauerstoff.
Bei der aeroben Energiegewinnung wird beim Verbrennen von Kohlenhydraten und Fetten Sauerstoff verbraucht und Energie für die Muskelarbeit gewonnen. Wenn du anaerob Energie gewinnst, dann tust du das im Rahmen von einer höheren Belastung. Die Anstrengung ist dann so gross, dass die gewonnene Energie aus Verbrennen von Kohlenhydraten und Fetten unter Sauerstoffverbrauch nicht mehr ausreicht. Als Folge wandelt dein Körper Kohlenhydrate ohne Sauerstoff um und zwar durch Milchsäuregärung. Es wird Zucker in Milchsäure, sogenanntes Laktat umgewandelt. Wenn du es übertreibst und dein Körper zu viel Laktat produziert, sammelt es sich in den Muskeln an. Die Muskulatur übersäuert, deine Beine werden müde, deine Leistungsfähigkeit sinkt.
Im Wesentlichen heisst das, dass deine Muskeln, wenn du locker und entspannt läufst, genug Sauerstoff haben, um die gesamte Energie zu produzieren, die sie für ihre Leistung benötigen. Das verbessert langfristig die Fähigkeit deines Körpers, Sauerstoff zu transportieren und effizient zu nutzen – und wenn du das kannst, dann kannst du auch schneller laufen!
Verschiedene Muskeltypen
Jetzt müssen wir noch eine Sache verstehen: zum Laufen brauchst du deine Muskeln, das ist ja klar. und innerhalb deiner Muskeln gibt es verschiedene Typen von Muskelfasern. Die sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich stark ausgeprägt. Das ist abhängig von deiner Genetik, aber eben auch von deinem Trainingszustand. Grob kann man drei Typen von Muskelfasern unterscheiden:
1. Slow Twitch oder Typ 1-Fasern
2. Fast Twitch oder Typ 2-Fasern
3. Intermediärtyp
Slow Twitch oder Typ 1-Fasern
Diese Fasern nennt man auch die rote Muskulatur. Diese Muskelfasern sind eher langsam in ihrer Bewegung, sie sind aber auch diejenigen, die am wenigsten schnell ermüden. Sie erhalten Energie über den oben beschriebenen aeroben Stoffwechsel.
Fast Twitch oder Typ 2-Fasern
Die nennt man auch die weissen Muskelfasern. Sie können schneller kontrahieren, also sich zusammenziehen und wieder lockern und sie sind zuständig für kurzfristige, hohe Belastungen. Sie gewinnen ihren Energie aus dem anaeroben Stoffwechsel. Der Energieverbrauch von diesen Fasern ist im Schnitt 3 bis 4 mal so hoch, wie der der Slow Twitch-Fasern.
Intermediärtyp
Die Muskeln des Intermediättyps sind eine Mischform aus Slow Twitch und Fast Twitch-Fasern. Diese Muskeln können schnelle Kraft erbringen, sind dabei aber relativ ermüdungsresistent.
Slow Twitch-Fasern fürs langsame Laufen
Beim einfachen, lockeren Laufen, brauchst du hauptsächlich die Slow Twitch-Fasern. Wenn du bei deinen lockeren Läufen zu schnell unterwegs bist, ist dein Körper gezwungen, ohne ausreichenden Sauerstoff zu laufen, was bedeutet, dass deine Slow Twitch-Fasern nicht korrekt versorgt werden. Sie können sich nicht weiter entwickeln.
Trainingszonen
Nehmen wir also an, du willst jetzt vermehrt locker, langsame oder leicht («easy») laufen. Dann stellt sich natürlich schnell die Frage: wie leicht ist leicht?
Leicht ist ein Gefühl, keine Geschwindigkeit. Es gibt nicht die eine Pace, die immer richtig ist. Selbst bei ein und derselben Person, kann das lockere Laufen an einem Tag schneller sein, als das lockere Laufen an einem anderen Tag. Ich möchte dich ermutigen, dich nicht an einer Pace oder deiner Herzfrequenz zu messen, sondern an deiner wahrgenommenen Anstrengung.
Vor einigen Wochen haben wir das Training in drei grundlegende Zonen eingeteilt:
Zone 1: easy Läufe
Zone 2: steady Läufe
Zone 3: all out
Mehr dazu findest du hier.
Du kannst diese Zonen noch weiter verfeinern, in die Zonen 1 bis 5.
Zone 1 – sehr locker
Du läufst so langsam, dass du gerade noch läufst und nicht wanderst. Du kannst noch singen.
Zone 2 – locker
Du läufst langsam und locker. Wenn du noch gut mit deinem Trainingspartner plaudern kannst bist du genau richtig unterwegs. Das ist deine «Forever-Pace». Du kannst dieses Tempo gut auf langen Strecken durchhalten.
Zone 3 – mittel
Du läufst etwas schneller, kannst aber noch in ganzen Sätzen sprechen.
Zone 4 – hart
Du läufst deutlich schneller. Du kannst nur noch knappe Wortwechsel führen (zum Beispiel die Richtung ansagen).
Zone 5 – sehr hart
Du läufst so schnell du kannst auf einer vorgegebenen Strecke. Du brauchst deinen ganzen Atem zum Laufen und kannst nicht mehr sprechen.
Ein grosser Teil meines persönliches Trainings und auch das, meiner Athletinnen und Athleten finden in den Bereichen 1-3 statt.
Kannst du zu langsam laufen?
Ich würde sagen, kaum. Solange du in der Laufbewegung bleibst und nicht langfristig ins Wandern oder Spazieren verfällst, dann ist es fast unmöglich zu langsam zu laufen. Was im Gegensatz passieren kann: du könntest zu schnell laufen.
Damit du dich langfristig weiterentwickeln kannst, ist deine aerobe Entwicklung das Allerwichtigste. Und die erreichst und verbesserst du mit diesen lockeren Läufen. Klar ist es cool, wenn du eine Bestzeit läufst oder wenn du in einem Segment auf Strava führend bist, langfristig, darfst du aber eben diese aerobe Entwicklung nicht vernachlässigen, sonst wirst du auf Dauer nicht besser/schneller/fitter werden.
Sehr oft, höre ich Aussagen wie «Ich fühle mich gar nicht richtig erschöpft nach dem Laufen.»
Meiner Meinung nach, kann es auch nicht Ziel eines langfristigen Trainings im Ausdauerbereich sein, sich nach jedem Training ausgepowert und erschöpft zu fühlen. Stell dir vor, du brauchst bei jedem Training alle Reserven auf: das macht dich verletzungsanfälliger. Ausserdem bist du dann wirklich körperlich müde. Das hat zur Folge, dass du lange Erholungspausen brauchst, viel längere, als wenn das Training nicht so hart gewesen wäre. Ausserdem ist es mental anstrengend. Wenn du nach jedem Lauf total platt bist, wird es viel schwieriger, sich beim nächsten Mal wieder aufzuraffen – und dann baust du keine Routine auf.
Darum also meine Empfehlung: laufe locker und langsam. Geniesse lieber ein entspanntes 45-minütiges Training oder einen schönen Longrun, statt dich zu viel mit Intervallen und harten Läufen zu quälen. Bau dir Routinen auf und lerne das langsame Tempo zu lieben!
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